Sonntag, Januar 16, 2011

Open-Government: Unterlagen über die Neuberechnung der Hartz-IV-Regelsätze öffentlich machen

Die Bundesregierung plant, bis 2013 eine „Open-Government-Strategie für offenes Regierungshandeln“ zu erarbeiten. Dies steht in dem neuen Regierungsprogramm „Vernetzte und transparente Verwaltung“, das das Bundeskabinett im August 2010 verabschiedet hat. Ausgehend von dieser unterstützungswerten Zielsetzung stellt sich die Frage, warum in einer gesellschaftspolitisch wichtigen und aktuellen Debatte über die Neuberechnung der Hartz-IIV-Regelsätze die Berechnungsgrundlagen nicht öffentlich zugänglich sind.

Das Bundesverfassungsgericht hat bekanntermaßen dem Gesetzgeber eine Neuberechnung der Hartz-IV-Regelsätze aufgegeben und ein transparentes nachvollziehbares Verfahren zur Ermittlung der Regelsätze gefordert. Das für die Berechnung notwendige Datenmaterial hat das Statistische Bundesamt auf der Basis der Einwohner- und Verbrauchsstatik erstellt. Dabei wurde das Ausgabeverhalten der unteren 15 Prozent der Einkommensbezieher zu Grunde gelegt. Das Bundesministerium hat die Ergebnisse zur Begründung des Gesetzentwurfs veröffentlicht. Im Vermittlungsverfahren hat das Ministerium nun aber das vollständige Datenmaterial einschließlich der Rohdaten nur der Opposition, nicht aber der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Einschließlich der Bewertung dieser Berechnung durch das Bundesarbeitministerium umfasst der Bericht insgesamt 900 Seiten.

Inzwischen ist das Thema zum Streitfall zwischen Bund und Ländern bzw. Regierung und Opposition geworden. Die Opposition will, dass die staatlichen Leistungen für die etwa 4,8 Millionen erwachsenen Hartz-IV-Bezieher deutlich höher ausfallen, als von der Regierung geplant. Vor wenigen Tagen hat der Deutsche Landkreistag herausgefunden, dass die Anteile für die Warm-Wasserkosten nicht im Regelsatz mehr enthalten sind und deshalb den Unterkunftskosten zugerechnet werden, was Zusatzkosten für die Kommunen in Höhe von 400 Millionen Euro bedeuten würde. Es gibt also Nachfragebedarf.

Der Bericht zur Neuberechnung ist bisher nicht öffentlich zugänglich. Warum eigentlich nicht? Gibt es Gründe, die gegen eine Veröffentlichung des Datenwerkes auch im Internet sprechen?

Bund, Länder und Kommunen haben im September 2010 gemeinsam eine nationale E-Government-Strategie beschlossen, die von dem Ziel eines „Open Government“ geprägt ist. Weiter heißt es in der Strategie, dass im Jahr 2015 das deutsche E-Government einen europäischen Spitzenplatz erreicht, weil es u.a. Transparenz über Daten und Verwaltungshandeln sowie Datenschutz sicherstellt. Wie soll das geschehen, wenn wir uns 2011 mit Transparenz noch so schwer tun?