Sonntag, Februar 07, 2010

Eine neue IT-Dekade liegt vor uns

Blicken wir zehn Jahre zurück. Im Jahr 2000 dümpelte das Internet vor sich hin. Übertragungsraten mit einem Modem von 9.600 Baud waren bereits schnell. Google spielte so gut wie keine Rolle. Die Zahl der Personalcomputer übertraf die der Laptops bei weitem. UMTS war ein Fremdwort, es gab keine Smartphones. Menschen konnten nicht in Wikipedia das Wissen der Welt durchforsten. IPhone und Twitter waren noch kein Thema. Apple war ein klassisches IT-Unternehmen, von Musik und Telefonie keine Spur.

Zehn Jahre später zu Beginn des Jahres 2010 ist die Informationstechnologie (IT) in allen Industriestaaten zur Normalität geworden. So selbstverständlich wie wir Wasser konsumieren und Elektrizität verbrauchen, nutzen wir den Datenstrom im weltweiten Internet wo immer wir uns an welchem Ort zu welcher Zeit auch befinden. 1, 7 Milliarden Menschen nutzen das Internet, in fünf Jahren kommt eine weitere Milliarde hinzu.

Die vor uns liegende Dekade 2010 bis 2020 wird Anwendungen bringen, die wir uns heute kaum vorstellen können. Realität und Virtualität wachsen weiter zusammen und um uns herum entsteht ein einziger Datenraum, so zusagen ein zweite Haut mit Kontakten zu anderen Menschen, Einrichtungen und Objekten. Die IT wird zur tragenden Säule jeglicher Infrastruktur. Neue Unternehmen mit neuen Diensten folgen auf Microsoft, Google, Twitter und Co. Schon heute zeichnen sich am Horizont neue Services ab, die Personen, Standorte und Themen unmittelbar und individuell miteinander verknüpfen. Google-Syncronity heißt eine neue Philosophie, verschiedene Datenbestände auf unterschiedlichen Servern zusammen zu spielen und damit zu integrierten Informationen zu kommen. Echtzeitinternet und Cloudcomputing verstärken die Mobilität und machen Wissen allgegenwärtig und umfassend verfügbar. Menschen werden als Träger von Wissen anderen Menschen ihr Wissen verfügbar machen (dynamisches Wikipedia). Wissen kann in digitalen Netzwerken sogar völlig neu und frei generiert werden. Die Technologie wächst nicht linear, sie wird Sprünge machen und damit unseren Kindern und Enkel völlig neue Möglichkeiten bieten.

Zu Beginn der vor uns liegenden neuen Dekade stehen wir allerdings vor grundlegenden Herausforderungen, die sich in dieser Deutlichkeit und Wirkung bis 2000 nicht stellten. Werden die Menschen der neuen Infrastruktur mit ihren neuen in der Regel personalisierten Diensten überhaupt vertrauen? Wie werden Freiheit und Sicherheit in der fortschreitenden Informationsgesellschaft ausbalanciert? Welche Persönlichkeitsrechte hat der Einzelne und wie kann er sie in einer global vernetzten Welt durchsetzen? Datenschutz und Datensicherheit müssen im Konsens mit Politik und Bürgern weiter entwickelt werden. Auch die Politik ist gefordert. Eine Netzpolitik ist von Nöten. Dies wird eine zentrale Aufgabe der Regierung in den nächsten Jahren sein. Damit werden sich die Aufgaben des Staates wandeln. Als Gewährleistungsstaat wird er für Vertrauen und Sicherheit in der elektronischen Kommunikation sorgen müssen. So wie Stadtwerke heute sauberes Wasser den Bürgern garantieren (oftmals auch durch private Akteure), so muss in Zukunft der Staat auch virenfreie Datenströme sicherstellen. Informationsgesellschaften verlangen nach einer neuen staatlichen Statik und Architektur. Mit zunehmender Digitalisierung entstehen aber auch neue Verwundbarkeiten. Deshalb ist es notwendig, dass sich staatliche Einrichtungen auch intensiv mit solchen Sicherheitsproblemen auseinandersetzen und Lösungen finden. In den kommenden zehn Jahren wird IT die internationale Zusammenarbeit der Staaten und der Unternehmen massiv beeinflussen.

Auch die Kommunen werden besonders gefordert sein. E-Government wird in Smart-City Dienste integriert werden. Diese Dienste umfassen alle Bereiche einer Kommune von der Bildung über den Arbeitsmarkt, Gesundheit, Sicherheit, Mobilität bis hin zur Freizeit. Von allen öffentlichen Institutionen in Deutschland vertrauen die Bürgerinnen und Bürgern am meisten ihrer Stadtverwaltung bzw. Ihrem Bürgermeister. Das wird in der Informationsgesellschaft nicht anders sein. Die damit verbundenen Anforderungen müssen von den Kommunen auch eingelöst werden.

Wie verwundbar Wirtschaft und Gesellschaft bereits heute durch die Informationstechnologie geworden ist, zeigen aktuelle Beispiele. Durch einen Softwarefehler gab es zum Jahreswechsel 2009/2010 massive Probleme bei rund 30 Millionen EC- und Kreditkarten. Das Krisenmanagement der Banken war nicht besonders erfolgreich und hat das Vertrauen in die Informationsgesellschaft nicht gerade gestärkt.

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