Sonntag, August 05, 2007

Deutschland kann stolz auf seine Infrastruktur sein

Daseinsvorsorge, Infrastruktur und Querverbund sind Themen, die nicht jeden Tag in den Medien stehen. Und dennoch sind sie für Deutschlands Entwicklung von großer Bedeutung. Wie wichtig eine zuverlässige und sichere Infrastruktur für die Lebensqualität und für die Standortattraktivität ist, macht ein Blick in die USA deutlich. Unglücke wie in New York, dort explodierte eine unterirdische Dampfleitung, oder der Einsturz einer Brücke in Minneapolis, der Stromausfall im nahezu ganzen Nordosten und die völlig maroden U-Bahn- und Bahnnetze zeigen das Dilemma. Menschen müssen ihr Leben lassen, andere werden verletzt, weil Warnungen vor baulichen Mängeln vermutlich auf die zu leichte Schulter genommen werden. Hinzu kommt allerdings ein strukturelles Problem. Niedrige Steuersätze machen es dem US-Staat und den Kommunen weitgehend unmöglich, mehr in die Infrastruktur zu investieren. Der Begriff Daseinsvorsorge ist unbekannt. Der Präsident des US-Ingenieurverbandes American Society of Civil Engineering (ASCE), Bill Marcuson, klagt: "Der marode Zustand unserer Infrastruktur ist eine echte Bedrohung für die öffentliche Sicherheit und die Wirtschaft des Landes". Bestätigt wird dies durch den gemeinsamen Bericht "Infrastructure 2007: A Global Perspective" des Washingtoner Urban Land Institutes und der Prüfungsgesellschaft Ernst & Young. Dort heißt es, dass die niedrigen Investitionen in die Infrastruktur die Fähigkeit des Landes, international konkurrieren zu können, einschränkt. Ein fatales Signal für die amerikanische Volkswirtschaft.

Anders in Europa und Deutschland: Dort haben Investitionen in die Infrastruktur große Bedeutung. Sie bilden die Basis für Wachstum und Lebensqualität. Die Daseinsvorsorge ist in Deutschland ein wichtiges Primat der Politik in den Kommunen. Andere Länder in Europa sehe diese Aufgabe eher bei staatlichen Einrichtungen. Zwar sind die Investitionen der deutschen Kommunen seit 1993 bis 2006 um fast 40 Prozent zurückgegangen mit der Folge, dass sich ein riesiger Nachholbedarf aufgetürmt hat, gleichwohl ist das Thema ganz oben auf der Agenda der Politik. Das Difu schätzt den gesamten Investitionsbedarf der Kommunen auf mehr als 350 Mrd. Euro. Den größten Teil davon nimmt die Sanierung der Abwassersysteme ein, die in vielen Städten und Gemeinden seit Kriegsende nicht mehr renoviert wurden. 40.000 öffentliche Schulgebäude, 430.000 km Gemeindestraßen und Tausende von Brückenbauwerke müssen ständig gewartet und unterhalten werden. Millionen Euro müssen in den nächsten Jahren für die Ausstattung mit Breitband insbesondere im ländlichen Raum aufgebracht werden. All dies zeigt, der Finanzbedarf ist immens.

Ein Teil des Geldes wird auch durch den Querverbund aufgebracht. Das heißt, dass zum Beispiel Erlöse der Stadtwerke aus der Energieerzeugung in den öffentlichen Nahverkehr fließen. Kräfte, die an einer solchen Querfinanzierung rütteln, müssen sich im Klaren sein, dass manches nicht mehr möglich wäre und ein Erfolgsmodell leistungsstarker Infrastruktur in Frage gestellt würde. Nichtsdestotrotz muss auch die Politik Veränderungen annehmen. Mehr Transparenz ist auch bei der Finanzierung der Infrastruktur notwendig. Die Bürger möchten wissen, woher welches Geld kommt und was damit gemacht wird. Das ist ihr gutes Recht. Hier muss die Kommunalpolitik noch transparenter werden. Angesichts der Bedeutung der öffentlichen Infrastruktur für die Gesellschaft und die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen sollten wir allerdings mehr Aufmerksamkeit auf die Themen Daseinsvorsorge und Infrastruktur lenken und die enormen Leistungen in Deutschland offensiver präsentieren und kommunizieren. Mehr Stolz ist angebracht aber auch ein wachsames Auge, die Sicherheit und Weiterentwicklung nicht zu gefährden.